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Jahrestagung 2017: Jetzt erst recht! – Ambulante gemeindepsychiatrische Netzwerke weiterentwickeln

Wichtige Zukunftsthemen der Jahrestagung 2017 waren der Aufbau von Home Treatment in Behandlungsnetzen, die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes in den nächsten Jahren und die Veränderungen in der ambulanten Pflege. Um Wege zu finden, die anstehenden Reformen aktiv mitzugestalten, hatte der Dachverband Gemeindepsychiatrie am 21. und 22. Juni 2017 ins Bürgerhaus Zähringen nach Freiburg eingeladen und durfte bei hochsommerlichen Temperaturen mehr als 200 Teilnehmer begrüßen. Veranstaltet wurde die Tagung zusammen mit der Freiburger Hilfsgemeinschaft, einem Gründungsmitglied des Dachverbands.

Ob Bundesteilhabegesetz, Pflegestärkungsgesetze oder PsychVVG: In den kommenden Jahren werden zahlreiche Sozialrechtsänderungen Auswirkungen auf die Versorgung und Behandlung von Menschen mit psychischen Erkrankungen haben - und damit auf die Netzwerke und Angebote gemeindepsychiatrischer Träger. Die Vorträge, Podiumsdiskussionen und Workshops der Tagung boten deshalb breiten Raum für Austausch von Fachexpertise und Positionen sowie zur Vernetzung und Strategieentwicklung. Zu den Referentinnen und Referenten zählten Vertreter der Bundespsychotherapeutenkammer, der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde, der European Assertive Outreach Foundation und von Verbänden der Betroffenen- und Angehörigenselbsthilfe.

Nils Greve, Vorsitzender des Dachverbands Gemeindepsychiatrie, sprach sich für eine konsequente Zusammenarbeit der maßgeblichen Verbände, gemeindepsychiatrischen Leistungserbringern, Ärzten und Kliniken aus, um die künftige Versorgung im Sinne von Menschen mit psychischen Erkrankungen zu gestalten. Gleichzeitig ermutigte er die Teilnehmer, gemeinsam mit dem Dachverband eine Führungsrolle im anstehenden Reformprozess zu übernehmen. "Wir haben jahrzehntelanges Knowhow und sind starke, kompetente Partner für die Leistungsträger - das müssen wir nutzen. Wir wissen, gerade weil wir auch die Stimmen Betroffener, Angehöriger und Bürger hören, was das Unterstützungssystem vor allem braucht: ambulante, flexible Teams, die im Krisenfall helfen." Entsprechende Modelle müssten in Zukunft in die Regelversorgung übernommen und die nach wie vor bestehende Gräben in den Sozialgesetzbüchern durch innovative Projekte überwunden werden. "Wir müssen unsere Chance ergreifen und die Reform mitgestalten."

Mittwoch, 21. Juni 2017

Begrüßung

Wolfgang Faulbaum-Decke, Vorstand Dachverband Gemeindepsychiatrie e.V., begrüßte die Teilnehmer zur Tagung und erinnerte an das Motto der Veranstaltung: „Jetzt erst recht - Ambulante gemeindepsychiatrische Netzwerke weiterentwickeln muss für uns vor allem bedeuten, uns zu unseren Grundwerten zu bekennen, institutionelle Partikularinteressen zu überwinden und bei allen Schritten, die wir in Zukunft unternehmen, glaubwürdig zu bleiben."

Tagungsmoderation

Moderiert wurde die Tagung erneut vom Journalisten Ralph Erdenberger, dessen Stimme viele der Teilnehmenden aus dem Radioprogramm des Westdeutschen Rundfunk kennen. Als Angehöriger eines psychisch erkrankten Menschen fühlt sich Erdenberger dem Dachverband eng verbunden. "Als meine Mutter ihre seelischen Krisen durchlebte, hat sie leider keine gemeindepsychiatrische Unterstützung erfahren. Sie hätten ihr wohl mehr geholfen, als die rein medizinische Psychiatrie", so der Moderator im Rückblick auf seine persönlichen Erfahrungen.

Grußworte

Ulrich von Kirchbach, Bürgermeister der Stadt Freiburg, dankte dem Dachverband und der Freiburger Hilfsgemeinschaft, die er als wichtigen Partner vor Ort besonders lobte, für die Ausrichtung der Tagung. Bei der Umsetzung der Reformen stehe man vor gemeinsamen Herausforderungen. "Die Auswirkungen des BTHG machen sich auch bei uns in der Stadtverwaltung bemerkbar." Zusammen mit der GPV in Freiburg sei man dabei, den Prozess zu begleiten, so Kirchbach. Besonders wichtig sei es außerdem, bezahlbaren Wohnraum für die Zielgruppe zu schaffen. "Wohnen in Freiburg darf kein Privileg für reiche Mitbürger werden."

Achim Dochat, Vorsitzender des Landesverbands Gemeindepsychiatrie Baden-Württemberg, zeigte sich erfreut darüber, dass der Dachverband in diesem Jahr mit seiner Tagung in Freiburg gastiert und berichtete vom Aufbau von Komplexleistungen im südlichen Bundesland und den Vorbereitungen auf die kommende Landesrahmenverordnung. „Das Motto Jetzt erst recht! finde ich angesichts der Herausforderungen passend“, so Dochat.

Friedhilde Rißmann-Schleip, Geschäftsführerin der Freiburger Hilfsgemeinschaft, begrüßte die Teilnehmer im Namen ihres Vereins und blickte auf dessen Geschichte seit der Gründung im Jahr 1970 zurück. „Wir haben schon Gemeindepsychiatrie gemacht, als es das Wort noch gar nicht gab – und das bis heute ausschließlich ambulant in allen Lebensbereichen, ob Freizeit, Wohnen, Arbeiten und Tagesstruktur.“ Das BTHG sah sieht sie als Ansporn, weiter für die Normalität im Miteinander mit psychisch erkrankten Menschen einzustehen. „Wir dürfen das Thema nicht allein der Medizin überlassen. Der Mensch ist nicht nur ein Gehirn, sondern ein soziales Wesen.“

Vorträge

Krisenbegleitung und Unterstützung unabhängig von Diagnose- und Behandlungsdogma

Mirko Ološtiak-Brahms, Initiative zur außerstationären Krisenbegleitung Freiburg e.V., / Vorstand Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener e.V.

Home Treatment in Europa: FACT – Flexible Assertive Community Treatment

Prof. Niels Mulder, President European Assertive Outreach Foundation, Department of Psychiatry, Erasmus MC, Rotterdam

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Home Treatment in Deutschland – Konzepte und Modelle der Gemeindepsychiatrie

Nils Greve, Vorsitzender Dachverband Gemeindepsychiatrie e.V., Köln / Geschäftsführer GpG NRW gGmbH, Solingen

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Podiumsdiskussion I: Podiumsdiskussion: „Ambulante, lebensweltorientierte Behandlung stärken – strukturelle Notwendigkeiten beim Aufbau flächendeckenden Home Treatments“

Prof. Dr. Arno Deister, Präsident Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde, Berlin / Chefarzt des Zentrums für Psychosoziale Medizin des Klinikums Itzehoe

Nils Greve, Vorsitzender Dachverband Gemeindepsychiatrie e.V., Köln / Geschäftsführer GpG NRW gGmbH, Solingen

Prof. Niels Mulder, President European Assertive Outreach Foundation, Department of Psychiatry, Erasmus MC, Rotterdam

Mirko Ološtiak-Brahms, Initiative zur außerstationären Krisenbegleitung Freiburg e.V., Freiburg / Vorstand Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener e.V.

Dr. Christina Tophoven, Geschäftsführerin Bundespsychotherapeutenkammer, Berlin

Barbara Mechelke-Bordanowicz, Landesverband Baden-Württemberg der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e.V.

Moderation: Ralph Erdenberger, Journalist, Köln

Mitgliederversammlung des Dachverbands und Verabschiedung von Wolfang Faulbaum-Decke

Der Wechsel an der Spitze des Vorstands war das beherrschende Thema der diesjährigen Mitgliederversammlung. Wolfgang Faulbaum-Decke hatte nach über acht Jahren das Amt des Vorsitzenden abgegeben. "Leicht ist mir diese Entscheidung nicht gefallen", erklärte er den Mitgliedern. "Ich konnte mich mit meinen vielseitigen Aufgaben für den Verband und seine Mitgliedsorganisationen immer identifizieren. Die gemeinsame Arbeit am uns verbindenden Ziel, Menschen mit psychischen Erkrankungen vorrangig ambulant partizipativ in ihrer Lebenswelt zu unterstützen, war stets Anregung und Antrieb für die gemeinsame Sache."

Es sei ausgerechnet dieses verbindende Ziel, das ihn dazu bewogen habe, sein Amt zur Verfügung zu stellen: "Vor dem Hintergrund der anstehenden Reformen der Eingliederungshilfe, der Pflege und der Krankenhausfinanzierung werde ich mich noch intensiver als bisher auf meine Aufgaben als Geschäftsführer der Brücke Schleswig-Holstein gGmbH konzentrieren."

Auf der Mitgliederversammlung wurde Nils Greve als neuer Vorsitzender bestätigt. Gemeinsam mit Geschäftsführerin Birgit Görres würdigte er Wolfgang Faulbaum-Decke, der dem Vorstand zunächst weiter als Schatzmeister erhalten bleiben wird. "Ich möchte Dir im Namen des gesamten Vorstands unseren herzlichen Dank und große Anerkennung aussprechen. In den Jahren seiner Tätigkeit als Mitglied und dann als Vorsitzender des Vorstands hat sich der Dachverband sehr positiv entwickelt und viel Anerkennung erfahren." Als Abschiedsgeschenk überreichte Birgit Görres ihm einen Gutschein für eine Sonnenliege. "Wir haben uns überlegt, dass für Dein XXL-Engagement eine XXL-Liege das richtige ist - für die nötige Ruhe und Entspannung." Von den versammelten Mitgliedern erhielt Faulbaum-Decke langanhaltenden Applaus. Seinerseits bedankte er sich bei Geschäftsführerin Birgit Görres für die stets gute Zusammenarbeit: "Wir waren ein tolles Team und haben viel erreicht."

Für Stefanie Lerf, die den Vorstand verlässt, wurde Horst Reiter, Geschäftsführer der gemeinnützigen GmbH des Projektevereins München zum neuen Vorstandsmitglied gewählt.

Birgit Görres stellte den Geschäftsbericht des vergangenen Jahres vor und gab einen Überblick über die inhaltlichen Schwerpunkte und Projekte des Dachverbands in 2016 und 2017.
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Donnerstag, 22. Juni 2017

Vorträge

Neue Anforderungen an die Struktur gemeindepsychiatrischer Angebote aufgrund der neuen Sozialgesetzgebung – Handlungserfordernisse der nächsten Jahre

Reinhold Hohage, Rechtsanwalt, Kanzlei Hohage, May & Partner, Hamburg

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Veränderung des Wohnens durch das Bundesteilhabegesetz – was kommt auf Nutzer und Träger zu?

Dr. Michael Konrad, Vorstand Dachverband Gemeindepsychiatrie e.V., Köln / Heimleiter Wohnen Ravensburg-Bodensee, ZfP Ravensburg

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Leistungserbringer, Gemeindepsychiatrische Verbünde und das BTHG

Matthias Rosemann, Vorstand Aktion Psychisch Kranke e.V., Bonn / Vorsitzender BAG GPV Bundesarbeitsgemeinschaft Gemeindepsychiatrischer Verbünde e.V. / Geschäftsführer Träger e.V., Berlin

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Foren und Workshops

Forum 1: Home Treatment – Behandlungs- und Hilfenetzwerke in der Lebenswelt

Paul Bomke, Geschäftsführer Pfalzklinikum, Klingenmünster [Präsentation herunterladen]

Michael Eckert, EX-IN-Mitarbeiter und Psychiatrie- Erfahrener, Freiburg

Hildegard Strauß-Münze, Angehörige und Mitglied Initiative zur außerstationären Krisenbegleitung Freiburg e.V.

Nils Greve, Vorsitzender Dachverband Gemeindepsychiatrie e.V., Köln / Geschäftsführer GpG NRW gGmbH, Solingen

(Foto v.l.)

Forum 2: Veränderung des Wohnens durch das Bundesteilhabegesetz – was kommt auf Nutzer und Träger zu?

Dr. Michael Konrad, Vorstand Dachverband Gemeindepsychiatrie e.V., Köln / Heimleiter Wohnen Ravensburg-Bodensee, ZfP Ravensburg

Matthias Rosemann, Vorstand Aktion Psychisch Kranke e.V., Bonn / Vorsitzender BAG GPV Bundesarbeitsgemeinschaft Gemeindepsychiatrischer Verbünde e.V. / Geschäftsführer Träger e.V., Berlin

Mirko Ološtiak-Brahms, Initiative zur außerstationären Krisenbegleitung Freiburg e.V., Freiburg / Vorstand Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener e.V.

Friedhilde Rißmann-Schleip, Geschäftsführung Freiburger Hilfsgemeinschaft e.V., Freiburg

(Foto v.l.)

Workshop 1: Neue Anforderungen an die Struktur gemeindepsychiatrischer Angebote aufgrund der neuen Sozialgesetzgebung – Handlungserfordernisse der nächsten Jahre

Reinhold Hohage, Rechtsanwalt, Kanzlei Hohage, May & Partner, Hamburg

Workshop 2: Schnittstelle Ambulante Pflege nach SGB XI und Eingliederungshilfe im Lichte des BTHG

Achim Dochat, Vorsitzender des Landesverbands Gemeindepsychiatrie Baden-Württemberg / Leitung Geschäftsfeld Sozialpsychiatrie der Bruderhausdiakonie Reutlingen (Foto rechts)

David Lesslauer, Leitung Psychiatrischer Pflegedienst, ZfP Ravensburg

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Workshop 3: Qualität der Behandlung durch Ambulante Psychiatrische Pflege und Integrierte Versorgung sicherstellen

Dr. Thomas Floeth, Vorstand Dachverband Gemeindepsychiatrie e.V., Köln / Geschäftsführung Pinel Netzwerk gGmbH, Berlin

Ulrich Wesseloh, Leitung Fachabteilung Ambulante Psychiatrische Pflege, Gesellschaft für ambulante psychiatrische Dienste GmbH, Bremen

Michael Theune, Vorsitzender Bundesinitiative Ambulante Psychiatrische Pflege BAPP e. V. / Pflegedienstleiter Ambulanter Psychiatrischer Pflegedienst Klinikum am Weissenhof, Weinsberg

Workshop 4: Home Treatment als sozialpsychiatrische Komplexleistung

René Skischally, Koordinator Psychosoziales Zentrum Schleswig-Holstein für traumatisierte Flüchtlinge, Brücke Schleswig-Holstein gGmbH, Preetz [Präsentation herunterladen]

Sabine Stratmann, Koordination Integrierte Versorgung, Intego gGmbH, Oberhausen

Podiumsdiskussion 2: Chancen und Risiken des Bundesteilhabegesetzes

Stefan Corda-Zitzen, Geschäftsführer Psychiatrische Hilfsgemeinschaft Viersen e.V. / Vorstand Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie e.V.

Wolfgang Faulbaum-Decke, Vorstand Dachverband Gemeindepsychiatrie e.V. / Geschäftsführer Brücke Schleswig-Holstein gGmbH, Kiel

Martina Heland-Gräf, Bayerischer Landesverband Psychiatrie-Erfahrener e.V., Augsburg

Susanne Nöcker, Psychiatriereferentin des Bundeslandes Hessen

Matthias Rosemann, Vorstand Aktion Psychisch Kranke e.V., Bonn / Vorsitzender BAG GPV Bundesarbeitsgemeinschaft Gemeindepsychiatrischer Verbünde e.V. / Geschäftsführer Träger e.V., Berlin

Claudia Seydholdt, Vorsitzende Arbeitsgemeinschaft Gemeindepsychiatrie Rheinland e.V. / Vorstand Die Kette e.V., Bergisch Gladbach

Tagungsorganisation - Das Team der Geschäftsstelle

Die Veranstaltung wurde gefördert von: