Ein Projekt des Dachverbands Gemeindepsychiatrie e.V. und seiner Mitgliedsorganisationen von 2013 bis 2016 gefördert von Aktion Mensch
Im Projekt PIELAV sind insgesamt acht Broschüren entstanden, die sich mit verschiedenen Aspekten gleichberechtigter Teilhabe psychisch erkrankter Menschen beschäftigen. Von den Grundlagen der UN-Behindertenrechtskonvention über die Teilhabe in der Arbeitswelt bis hin zur Selbsthilfe Betroffener und der Auseinandersetzung mit Behandlungsansätzen wie "Recovery" und dem "Offenen Dialog" - mit PIELAV haben wir ein breites Spektrum von wichtigen Themen vorgestellt und zunächst auf den Projektveranstaltungen diskutiert, wie sie die Teilhabe der Betroffenen unterstützen können. Die Broschüren zu diesen Themen sind im Anschluss an die Veranstaltungsreihe in Zusammenarbeit mit Fachleuten aus Gemeindepsychiatrie, Sozialer Arbeit, Medizin und unter aktiver Beteiligung von psychiatrie-erfahrenen Referenten und Teilnehmer der Seminare und Workshops entstanden.
Unter unseren Veröffentlichungen können Sie alle Broschüren kostenlos herunterladen. [weiter]
Was meinen wir eigentlich genau, wenn wir von Inklusion sprechen? „Soziale Inklusion“, das ist die Teilhabe aller Menschen an der Gesellschaft. Es ist somit das Gegenteil von Exklusion (Ausgrenzung). Die Forderung nach Inklusion ist dann verwirklicht, wenn jeder Mensch in seiner Individualität von der Gesellschaft akzeptiert wird und die Möglichkeit hat, in vollem Umfang an ihr teilzuhaben und teilzunehmen. Jeder Mensch – mit oder ohne Behinderung – soll überall dabei sein und mitmachen können: in der Schule, am Arbeitsplatz, im Wohnviertel, in der Freizeit. In einer inklusiven Gesellschaft ist es normal, verschieden zu sein. Sie ist geprägt von weniger Barrieren in den Köpfen, von mehr Offenheit, Toleranz und Verständnis füreinander sowie Solidarität mit jenen Menschen, die Unterstützung benötigen.
Die rechtliche Grundlage für diesen Anspruch bietet die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN-BRK), die auch die Bundesregierung im Jahr 2009 unterzeichnet hat. In diesem Vertragswerk wird das Recht auf die Teilhabe aller Menschen an der Gesellschaft als ein Menschenrecht definiert. Dem Ziel, die Inklusion umzusetzen, hat sich Deutschland mit der Unterschrift der Konvention verschrieben – daher sind nun Gesellschaft und Politik in der Pflicht, sie durch geeignete Reformen umzusetzen. Inklusion kann aber nicht allein von staatlicher Seite verordnet werden, sondern ist ein Prozess, der durch die Gesellschaft getragen werden muss.
Soweit die Theorie. Für Menschen mit psychischen Erkrankungen ist die Teilhabe an der Gemeinschaft leider häufig noch nicht angemessen umgesetzt und viele Betroffene reagieren skeptisch, wenn die Sprache auf das Thema „Inklusion“ kommt. Für viele von ihnen ist es ein zweischneidiges Schwert: Natürlich unterstützen die Betroffenen die Forderung nach Teilhabe und Mitbestimmung in allen Lebensbereichen, andererseits sehen sie jedoch häufig in ihrem Alltag, dass wir von einer inklusiven Gesellschaft noch weit entfernt sind. Psychiatrie-Erfahrene, ihre Angehörigen und engagierte Bürger stellen kritisch fest, dass in der Diskussion um die Inklusion von Menschen mit Behinderungen noch zu oft die speziellen Barrieren psychisch erkrankter Menschen nicht berücksichtigt werden.
Auch heute haben viele von ihnen weiterhin mit Vorurteilen und Stigmatisierungen zu kämpfen, beklagen Bevormundung in der Therapie bis hin zu traumatischen Erfahrungen von Zwangsbehandlung und den erheblichen Schwierigkeiten, einen Arbeitsplatz zu finden und damit auch finanziell abgesichert zu sein. Kurzum: Exklusion aus vielen Bereichen der Gesellschaft ist nach wie vor ein erhebliches Problem für Menschen mit psychischen Erkrankungen.
Die Frage, die wir uns im Dachverband Gemeindepsychiatrie stellen, lautet: Was können die Träger der Gemeindepsychiatrie zur Inklusion beitragen? Die Antwort: eine ganze Menge! Denn Inklusion und Gemeindepsychiatrie, das geht seit Jahrzehnten Hand in Hand. Auch wenn der Begriff selbst erst durch die UN-BRK bekannt wurde und seitdem viel diskutiert wird, so sind die Inhalte für die Gemeindepsychiatrie bekannte Grundwerte: Der Dachverband und seine Trägerorganisationen stehen seit nunmehr vier Jahrzehnten für das, was im Rahmen von Inklusion gefordert wird: Teilhabe und Mitsprache, Sozialraumorientierung, Empowerment, Nutzerbeteiligung und die Begegnung auf Augenhöhe zwischen Profis, Psychiatrie-Erfahrenen und Angehörigen.
Es lag also nahe, dass der Dachverband und Partner aus dem Kreis der Mitglieder ein Projekt zu diesen Themen initiieren – mit dem Ziel, mehr Inklusion zu schaffen. So begann PIELAV im Jahr 2013. Der Projektname entstand aus der Abkürzung des methodischen Ansatzes: „Praktische Implementierung neuer, evidenzbasierter, leitliniengerechter ambulanter Versorgungsmodelle“. Oder kurz gesagt: In der Gemeindepsychiatrie gibt es ein breites Wissen über vielfältige Ansätze zur Behandlung und Unterstützung, die dazu geeignet sind, mehr Teilhabe und Mitbestimmung für Betroffene zu erreichen. Durchgeführt wurde das von der Aktion Mensch geförderte Vorhaben zusammen mit den fünf Trägern Anker Sozialarbeit (Schwerin), Das Dach e.V. (Detmold), der Gesellschaft für ambulante Betreuung und Begleitung GamBe gGmbH (Berlin), dem Bürgerhilfe in der Psychiatrie Landesverband Bayern e.V. (München) sowie dem Pfalzklinikum für Psychiatrie und Neurologie AdöR (Klingenmünster). Später kamen noch der Kölner Verein für Rehabilitation e.V. und das ZfP Südwürttemberg als Veranstalter hinzu.
So vielfältig unsere Themen rund um die notwendige Inklusion psychisch erkrankter Menschen mit ihren besonderen Bedarfen und Ressourcen waren, so unterschiedlich waren auch die Veranstaltungen, die der Dachverband Gemeindepsychiatrie zusammen mit seinen Projektpartnern vor Ort in den Projektregionen durchgeführt hat. Ob als Podiumsdiskussion, Vorträge mit anschließender Fragerunde, Workshops nach dem Prinzip des World Cafés: Immer war es uns wichtig, dass wir im Trialog mit Betroffenen, Angehörigen und Profis gemeinsam auf die Herausforderungen und Probleme schauen und Lösungswege aufzeigen.
Wir haben es dadurch geschafft, sehr vielfältige Positionen kennenzulernen und in den Diskussionsprozess einzubinden. An PIELAV mitgewirkt haben Psychiatrie-Erfahrene mit teils äußerst psychiatrie- kritischen Haltungen genauso wie Klinikbetreiber, Mitglieder lokaler Selbsthilfegruppen und deutschlandweit bekannte Praktiker aus der Sozialpsychiatrie, Anbieter von inklusiven Arbeitsangeboten und frühverrentete (aber hochmotivierte) psychisch erkrankte Menschen, die endlich wieder sinnvoller Beschäftigung nachgehen wollen. Hinzu kamen viele engagierte Bürger, Mitarbeiter der Träger und aus der kommunalen Verwaltung sowie oft auch Studenten.
Sie alle einte das Interesse daran, Möglichkeiten für mehr Teilhabe und Nutzerbeteiligung für psychisch erkrankte Menschen zu finden und herauszufinden, wie sie konkret vor Ort umgesetzt werden können. Die Rückmeldungen auf die Veranstaltungen waren sehr positiv und das Interesse der Teilnehmer groß: Im Schnitt kamen zu den insgesamt 16 Terminen jeweils ca. 35 Teilnehmer, wobei bei manchen Gelegenheiten bis zu 80 Personen engagiert mitdiskutierten. Die vielen Perspektiven und Ideen fanden am Ende Eingang in die Projektbroschüren. Für mehr Informationen und Anregungen empfehlen wir Ihnen, dort weiterzulesen - Sie finden sämtliche Broschüren hier zum Download hier: [weiter]