Auf der Jubiläumstagung zum vierzigjährigen Bestehens des Dachverbands Gemeindepsychiatrie e.V. wurde am 15. Juni zunächst ein Blick zurück in die Vergangenheit geworfen. In Vorträgen und Diskussionen wurden die Entwicklungen der Gemeindepsychiatrie, die Konzepte und die Menschen gewürdigt, die die Mitgliedsorganisationen und den Dachverband, seine Werte und Behandlungskonzepte in den vergangenen Jahrzehnten geprägt haben. Dazu waren im Rautenstrauch-Joest Museum und im Horion Haus des Landschaftsverbandes Rheinland über 200 Fachleute, Psychiatrie-Erfahrene, Angehörige, VertreterInnen aus Politk und Verwaltung zusammengekommen. Nach der Begrüßung durch Wolfgang Faulbaum-Decke, Vorsitzender des Dachverbands, hielt Prof. Dr. Rainer Richter, Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf, Hamburg, der dem Verband seit vielen Jahren eng verbunden ist, eine Laudatio unter dem Motto "40 Jahre Dachverband Gemeindepsychiatrie e.V." und lieferte dabei eine soziologische Herleitung der Kernbegriffe der Gemeindepsychiatrie.
Wolfgang Faulbaum-Decke, Vorsitzender Dachverband Gemeindepsychiatrie e.V.
Prof. Dr. Rainer Richter, Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf, Hamburg
Birgit Görres, Geschäftsführerin Dachverband Gemeindepsychiatrie e.V.
40 Jahre Gemeindepsychiatrie in einer Stunde erzählen. Dass dies möglich ist, bewies Birgt Görres in ihrem multimedialen Vortrag. Für diesen hatten der Dachverband und viele seiner Trägerorganisationen zuvor tief in Ihren Archiven gegraben und dabei viele O-Töne von Zeitzeugen, Fotos, Fernsehbeiträge von den späten 1960ern bis heute gefunden - daraus entstand eine spannende Reise in die Vergangenheit mit eindrucksvollen Zeitdokumenten.
Nach einer Pause im Foyer des Museums folgten Führungen in kleinen Gruppen zum Thema "Normalität und Umgang mit Verrücktheit in unterschiedlichen Kulturen" Mehr Informationen zum Rautenstrauch-Joest-Museum unter: www.museenkoeln.de/rautenstrauch-joest-museum
Das bunte Tagungsfest des Dachverbands Gemeindepsychiatrie zum 40-jährigen Jubiläum fand am Mittwochabend, 15. Juni 2016 in den Räumlichkeiten des BTZ Berufliche Bildung Köln GmbH statt. Kulinarisch bestens versorgt waren die Gäste mit einem von Mitarbeiter des BTZ selbst gemachten Buffet und Kölsch vom Fass. In den festlich geschmückten Räumen des Trägers, im Innenhof und auf der Tanzfläche wurde gefeiert, gelacht, erinnert und getanzt. Wir bedanken uns ganz herzlich bei Geschäftsführerin Friederike Steier-Mecklenburg und den Mitarbeitern und Nutzern des BTZ für die großartige Feier!
Am zweiten Tag wurde im Horion-Haus des Landschaftsverbands Rheinlands (LVR) in Köln-Deutz der Blick nach vorne in die Zukunft und damit auf wichtigen aktuelle Themen der gemeindepsychiatrischen Versorgung gerichtet. Aus der historischen Verantwortung, die aus der Psychiatrie-Enquete und in jüngerer Zeit aus der UN-BRK erwachsen, arbeiten die Träger heute an der Verbindung von Werteorientierung, wie z.B. Zwangsvermeidung, Trialog, Empowerment und Inklusion sowieder Weiterentwicklung sozialwirtschaftlicher gemeindepsychiatrischer Organisationen, die so arbeiten, dass sie das Wohl von Menschen mit psychischen Erkrankungen in den Mittelpunkt stellen.
Als Vertreterin des Gastgebers begrüßte Martina Wenzel-Jankowksi, LVR-Dezernatsleitung Klinikverbund und Verbund Heilpädagogischer Hilfen die Teilnehmer und beglückwünschte den Dachverband zu seinem Jubiläum. In Ihrem Vortrag stellte Sie die gemeinsam von der Gemeindepsychiatrie und dem Landschaftsverband Rheinland erreichten Ziele bei den Versorgungsstrukturen für Menschen mit psychischen Erkrankungen und die Zukunftsperspektiven vor.
Als Gastredner bestärkte Prof. Dr. Rolf Rosenbrock, Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbands, den Dachverband in seiner Orientierung an den Zielen der Psychiatrie-Enquete und der UN-BRK, auch wenn der Weg zur Erreichung dieser Ziele oft mühsam ist. Als Hauptziel definierte er: „Im Ergebnis soll Gesundheitspolitik dafür sorgen, dass jeder Mensch mit einem Gesundheitsproblem zur richtigen Zeit den richtigen Eingang in die Versorgung findet und dort auf integrierte und nutzerfreundlich vernetzte Strukturen trifft, in denen gut ausgebildete und motivierte Fachkräfte auf wissenschaftlicher Basis unter ergebnisorientierten Anreizen und mit geeigneter Technologie, respektvoll und ressourcenorientiert diagnostizieren, therapieren, rehabilitieren, pflegen und unterstützen." Zum Abschluss zitierte er mit "Seid realistisch: fordert das Unmögliche!" einerseits ein Graffiti aus dem Berlin der 1968er und forderte die Anwesenden dabei auf, immer dem Leitsatz von Konfuzius zu folgen: "Es ist besser, eine Kerze anzuzünden, als die Dunkelheit zu beklagen."
Wolfgang Faulbaum-Decke nannte "die Umsetzung eines Bundesteilhabegesetzes, welches seinen Namen auch verdient" als ein zentrales Anliegen des Dachverbands und zeigte sich in der Ablehnung des aktuellen Gesetzesentwurfs einig mit Prof. Rosenbrock und dem Paritätischen. "Die aktuellen Pläne für ein Bundesteilhabegesetz erfüllen das Versprechen eines modernen Teilhaberechts nicht. Statt Selbstbestimmung und echte Teilhabe für Menschen mit Behinderung zu ermöglichen, drohen nun Leistungskürzungen und Verschlechterungen für viele Menschen. Den Entwurf zum Bundesteilhabegesetz in der jetzigen Form lehnt der Dachverband Gemeindepsychiatrie daher ab und fordert dringend notwendige Korrekturen", so Faulbaum-Decke weiter. Er rief zur Unterstützung der Protestaktion des Paritätischen unter dem „Bundesteilhabegesetz – So nicht! Nennt mich ruhig behindert, aber haltet mich nicht für blöd!“ auf.
(Mehr Informationen finden Sie unter:www.der-paritaetische.de/bthg/protestaktion)
Kay Herklotz, stellv. Vorsitzender Dachverband Gemeindepsychiatrie e.V., Köln / Vorstand PTV-Sachsen, Dresden
Martina Wenzel-Jankowksi, LVR-Dezernatsleitung Klinikverbund und Verbund Heilpädagogischer Hilfen, Köln
Prof. Dr. Rolf Rosenbrock, Vorsitzender Der Paritätische Gesamtverband, Berlin
In vier Symposien wird die Diskussion zur weiteren Entwicklung und Verstetigung der ambulanten Hilfen für psychisch erkrankte Menschen fortgesetzt. Die künftigen geplanten Gesetzesänderungen wie das Versorgungsstärkungsgesetz mit seinen Entwicklungen des § 140 a SGB V, der Innovationsfonds, die Reform der Eingliederungshilfe, die veränderten Rahmenrichtlinien bei der Soziotherapie, die Neugestaltung der Krankenhausfinanzierung (kurz PEPP II) - um nur die Wichtigsten zu nennen - werden weitgehende Folgen für die gemeindepsychiatrischen Angebote haben. Die Teilnehmer der Tagung tauschten sich dazu intensiv in den anschließenden Workshops aus und arbeiteten an Lösungsansätzen.
Moderation: Dr. Thomas Floeth, Vorstand Dachverband Gemeindepsychiatrie e.V., Köln / Geschäftsführer NiG-Pinel, Berlin
Nils Greve, Vorstand Dachverband Gemeindepsychiatrie / Vorstand PTV-Solingen, Solingen
Matthias Rosemann, Vorsitzender BAG-GPV / Geschäftsführer Träger gGmbH, Berlin
Jörg Utschakowski, Psychiatriekoordinator der Stadt Bremen
Moderation: Gerd Schulze, stellv. Vorsitzender Dachverband Gemeindepsychiatrie e.V., Köln, Vorsitzender Landesverband Bürgerhilfein der Psychiatrie Bayern e.V., München
Mirko Ološtiak, Vorstandsmitglied Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener e.V., Freiburg
Gyöngyvér Sielaff, UKE Akademie Bildung & Karriere, Leitung EX-IN, Hamburg
René Skischally, Verbundmanager im Kreis Plön, Brücke Schleswig-Holstein gGmbH
Moderation: Julia Bröhling-Kusterer, Leiterin Ivita Rheinland-Pfalz und Saarland gGmbH, Koblenz
Lothar Flemming, Leiter des LVR-Fachbereiches Sozialhilfe II, Köln
Dr. Michael Konrad, Vorstand Dachverband Gemeindepsychiatrie e.V., Leiter Geschäftsbereich Wohnen, Ravensburg-Bodense, ZfP Südwürttemberg
Johannes Tack, Geschäftsführender Vorstandsvorsitzender Sozialpsychiatrische Initiative Paderborn e.V., Paderborn
Moderation: Bartholomäus Rymek, Vorstand Sozialpsychiatrische Initiative Paderborn e.V., Paderborn
Robert Schenk, stellvertretender Geschäftsführer und Personalleiter, Brücke Schleswig-Holstein gGmbH, Kiel
Petra Kaiser, Personalreferentin, Brücke Schleswig-Holstein gGmbH, Kiel